Die Turbulenzen an den Energie- und Rohstoffmärkten und der Krieg in der Ukraine führen schon jetzt zu großen Veränderungen in der Energiepolitik in Europa und vor allem in Deutschland. Das Thema Versorgungssicherheit und damit sowohl Substanzerhaltung und Modernisierung als auch die Steigerung der Energieeffizienz rücken neben dem Ausbau erneuerbarer Energien in den Fokus.
Die Technischen Werke Ludwigshafen haben sich 2021 mit der Festlegung strategischer Leitplanken für eine langfristige Konzernstrategie bis zum Jahr 2030 auf die geänderten energiepolitischen Rahmenbedingungen ausgerichtet.
Das Zielbild 2030 schreibt fest, dass die klimafreundliche Versorgung der Stadt Ludwigshafen am Rhein zur zentralen Aufgabe von TWL gehört und TWL selbst sich auf der Grundlage der bundespolitischen Vorgaben das Ziel der eigenen Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 setzt. In den nächsten zwei Jahren werden auf der Grundlage der in diesem Zielbild verankerten Leitplanken Teilstrategien ausgearbeitet. Die Arbeit an einigen dieser Teilstrategien hat bereits begonnen.
So gab das Untenehmen bekannt, dass es ein Wasserstoff-Ökosystem für Ludwigshafen und die Region aufbauen will. Mit der Versorgung des Begegnungshauses in der Heinrich-Pesch-Siedlung mittels Wasserstoff-Technologie arbeitet TWL nicht nur an einem Pilotprojekt, sondern ist damit auch Teil des Forschungsvorhabens DiMA-Grids, dessen Ziel es ist, die Entwicklung, Erprobung und Implementierung von digitalen Geschäftsmodellen und Plattformen für einen intelligenten Verteilnetzbetrieb voranzutreiben. Ein solcher Verteilnetzbetrieb erlaubt eine höhere Integration erneuerbarer Energien und stärkt somit die Versorgungssicherheit.
Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen im Rahmen einer Wärmestrategie am verstärkten Nutzen industrieller Abwärme, dem Einsatz von Geothermie sowie saisonaler Wärmespeicher und Wärmepumpen. Im Bereich der Elektromobilität wird TWL die öffentliche Ladeinfrastruktur weiter ausbauen und ein Netz von E-Bike-Ladestationen in Ludwigshafen installieren.
TWL investiert zudem seit Jahren in sein Fernwärmenetz, seine Versorgungsanlagen und seine Netze sowie in seine IT-Infrastruktur, nicht nur um die IT-Landschaft nach dem Hackerangriff 2020 neu aufzubauen, sondern auch um im gleichen Zug systemseitig die Voraussetzungen für die Digitalisierung der Energiewende zu schaffen. Diesen Kurs wird das Unternehmen in den nächsten Jahren trotz Verlusten im Geschäftsjahr 2021 weiter verfolgen.
Das Geschäftsjahr 2021
Turbulenzen am Energiemarkt und hohe Beschaffungspreise für Energie und Rohstoffe, aber auch die Auswirkungen der anhaltenden Corona-Pandemie machten 2021 zugleich zu einem weiteren herausfordernden Geschäftsjahr.
Der Stromabsatz fiel im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 37,6 Prozent. Maßgeblich hierfür war der Absatz bei Geschäftskunden und Netzbetreibern, dessen Rückgang zurückzuführen ist auf eine neue Angebotsrichtlinie, die der volatilen Entwicklung auf den Energiemärkten und den damit einhergehenden Risiken Rechnung getragen hat. Der Absatz fiel bei Geschäftskunden um rund 21 Prozent von 1257,7 Mio. kWh (2020) auf 994,2 Mio. kWh (2021), bei Netzbetreibern sogar um 75,6 Prozent von 710,6 Mio. kWh (2020) auf 173,1 Mio. kWh (2021). Bei Privat- und Gewerbekunden betrug der Absatzrückgang 7,2 Prozent. Er fiel von 198,5 Mio. kWh (2020) auf 184,3 Mio. kWh (2021). Insgesamt fiel der Stromabsatz an Kunden von 2.166,8 Mio. kWh im Geschäftsjahr 2020 auf 1.351,6 Mio. kWh im Geschäftsjahr 2021.
Anders dagegen verlief, auch witterungsbedingt, der Absatz in der Sparte Gas. Sowohl bei Privat- und Gewerbekunden als auch bei Geschäftskunden stiegen die Absatzmengen 2021 an, bei Privat- und Gewerbekunden um 27,1 Prozent, bei Geschäftskunden um 1,8 Prozent im Vergleich zum Geschäftsjahr 2020. Insgesamt erhöhten sich die Absatzmengen über alle Kundensegmente von 1.381,0 Mio. kWh (2020) auf 1.499,8 Mio. kWh (2021) und damit um 8,6 Prozent.
Auch die Sparte Wärme verzeichnet insgesamt ein Absatzplus von 11,2 Prozent im Vergleich zu 2020. Der Absatz stieg insgesamt von 284,4 Mio. kWh (2020) auf 316,3 Mio. kWh (2021), wohingegen die Sparte Kälte um 51,1 Prozent abnahm und der Absatz von 4,5 Mio. kWh (2020) auf 2,2 Mio. kWh (2021) sank. Der Absatz an Trinkwasser sank leicht von 11,7 Mio. m3auf 11,3 Mio. m3.
Umsatzrückgang von 15,7 Prozent
Die Umsatzerlöse nach Abzug von Strom- und Energiesteuer betrugen 442,4 Mio. Euro im Jahr 2021 und lagen damit um 15,7 Prozent unter dem Vorjahr 2020 mit 525,1 Mio. Euro.
Den größten Umsatzrückgang verzeichnete entsprechend des Rückgangs der Absatzmengen die Sparte Strom. Der Umsatz fiel gegenüber dem Vorjahr um 30,2 Prozent auf 195,6 Mio. Euro (i. Vj. 280,4 Mio. Euro). Der Umsatz bei Gas stieg dagegen gemäß der Absatzentwicklung auf 58,1 Mio. (i. Vj. 48,4 Mio. Euro), wobei die neu eingeführte CO2-Steuer und die hiermit verbundene Preiserhöhung zum 01.01.2021 in Höhe von 0,46 ct/kWh die Umsatzentwicklung leicht beeinflusste. Insgesamt verbesserte sich die Sparte Gas um 20,0 Prozent.
Der Wärmeumsatz für das Geschäftsjahr 2021 stieg entsprechend der Absatzentwicklung auf 21,6 Mio. Euro gegenüber 20,2 Mio. Euro im Vorjahr. Auch der Umsatz in den Sparten Kälte und Wasser entwickelte sich analog zu den Absatzzahlen. Die Kälteumsätze reduzierten sich um 40,0 Prozent auf 0,3 Mio. Euro gegenüber 0,5 Mio. Euro im Jahr 2020, während die Erlöse in der Sparte Wasser von 24,1 Mio. Euro im Vorjahr auf 22,8 Mio. Euro im Jahr 2021 zurückgingen.
Die sonstigen Erlöse verzeichneten ebenfalls ein leichtes Minus von 2,7 Prozent und sanken von 136,7 Mio. Euro im Jahr 2020 auf 133,0 Mio. Euro im Jahr 2021. Die in den Jahren zuvor hohen Erlöse aus der Konzernbeschaffung von Strom und Gas sanken 2021 auf 50,3 Mio. Euro gegenüber 65,4 Mio. Euro im Vorjahr. Eine deutliche Erhöhung mit 67,4 Prozent – von 17,8 Mio. Euro 2020 auf 29,8 Mio. Euro 2021 – verzeichneten die Erlöse aus den Verkäufen von Strom und Gas zum Ausgleich der tatsächlichen Bedarfsmengen. Die übrigen Umsatzerlöse verteilen sich maßgeblich auf die Bereiche Verpachtung, Contracting und Betriebsführung sowie die unterjährig anfallenden Erlöse aus Nebengeschäften und Dienstleistungen in allen Sparten.
Den gesunkenen Umsätzen steht ein ebenfalls gesunkener Materialaufwand gegenüber. Er reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr um 12,4 Prozent auf 375,6 Mio. Euro gegenüber 428,9 Mio. Euro im Vorjahr. Der Personalaufwand sank erwartungsgemäß infolge der Ausgliederung eines Teilbetriebs in die große Netzgesellschaft auf 34,2 Mio. Euro (im Vorjahr 49,9 Mio. Euro).
Investitionen auf hohem Niveau
Im Geschäftsjahr 2021 hat TWL seine Investitionen im immateriellen und im Sachanlagevermögen im Vergleich zum Vorjahr aufgrund zusätzlicher Investitionen in die IT-Landschaft erhöht. Insgesamt belief sich die Investitionssumme auf 29,3 Mio. Euro gegenüber 28,4 Mio. Euro im Jahr 2020.
Den Schwerpunkt der Investitionen bildete der Netzbetrieb und damit die Versorgungssicherheit. In den Ausbau und Erhalt der Infrastruktur zur Energie- und Wasserversorgung in Ludwigshafen flossen 10,4 Mio. Euro (i. Vj. 14,8 Mio. Euro). Davon wurden 3,6 Mio. Euro in das Stromnetz und 1,9 Mio. Euro in das Gasnetz investiert. In der Wasser- und Wärmesparte fielen 2,4 beziehungsweise 2,2 Mio. Euro an.
In den Bereich Erzeugung und damit ebenfalls in die Versorgungssicherheit und den Ausbau der eigenen Erzeugung flossen im Jahr 2021 insgesamt 5,8 Mio. Euro. Die größten Anteile davon wurden für das Fernheizkraftwerk (2,0 Mio. Euro) sowie für die Wasserwerke (2,9 Mio. Euro) investiert.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Bereiche Informationstechnik und sonstige Investitionen mit 12,6 Mio. Euro (i. Vj. 9,4 Mio. Euro).
Für das Jahr 2022 ist ein Investitionsvolumen in Höhe von rund 34,0 Mio. Euro geplant.
Jahresergebnisse der TWL AG und des Konzerns gesunken
Das „adjusted EBIT“ (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und ÖPNV-Ergebnis) sank im Geschäftsjahr 2021 deutlich auf –10,1 Mio. Euro im Vergleich zu 6,4 Mio. Euro im Vorjahr. Das Finanzergebnis verbessert sich gegenüber dem Vorjahr um 3,8 Mio. Euro auf –28,1 Mio. Euro.
Das Jahresergebnis der TWL AG für das Jahr 2021 sank deutlich auf –14,0 Mio. Euro (i. Vj. –4,3 Mio. Euro). Zuzüglich des Gewinnvortrags aus dem Vorjahr in Höhe von 56,5 Mio. Euro verbleibt damit ein Bilanzgewinn von 42,5 Mio. Euro. Das Konzernergebnis des TWL-Konzerns sank gegenüber dem Vorjahr von minus 1,5 Mio. Euro auf minus 15,8 Mio. Euro im Jahr 2021.
Rückblick und Ausblick auf das Geschäftsjahr 2022
„Das Jahr 2021 hat die gesamte Energiebranche vor große Herausforderungen gestellt“, so Dieter Feid, Kaufmännischer Geschäftsführer der TWL AG. Die Verluste von TWL im vergangenen Geschäftsjahr sind größtenteils auf die Preisexplosion und Turbulenzen am Energiemarkt im Verlauf des vierten Quartals, die gestiegenen Beschaffungspreise, ungeplante Abschreibungen sowie die Korrektur eines Messfehlers im vorgelagerten Netz aus dem Jahr 2020 sowie entsprechende Verlustübernahmen aus dem Konzern zurückzuführen. Gleichzeitig hat das Unternehmen neben seinem hohen Investitionsprogramm rund 24 Millionen Euro der Schulden getilgt, die aus der gescheiterten Wachstumsstrategie 2020 resultieren.
„Natürlich ist wirtschaftlich gesehen die schwarze Null für das Geschäftsjahr 2022 Pflicht, und wir haben umfangreiche Kontrollmechanismen eingeführt, um auf die derzeit äußerst sprunghaften Entwicklungen am Energiemarkt noch schneller reagieren zu können“, so Dieter Feid. „Genauso steht für uns aber fest, dass wir weiterhin in hohem Maße in unsere Infrastruktur, die Versorgungssicherheit und nachhaltige Zukunftsprojekte investieren müssen.“
„Darüber hinaus erweitern wir unsere Dienstleistungsangebote für unsere Kunden stetig, insbesondere um ihnen zu helfen, ihre Energieeffizienz zu steigern und damit auch Energiekosten zu sparen. Neben Energiespartipps, Energiechecks zur Einschätzung des eigenen Verbrauchs und unseren Angeboten wie beispielsweise dem Heizgeräteservice oder der Installation von Wallboxen, können wir für Gewerbe- und Geschäftskunden Energiemonitorings durchführen und sind dabei eine umfassende Energie- und Förderungsberatung aufzubauen“, ergänzt Thomas Mösl, Technischer Vorstand der TWL AG.
„Energieeinsparungen und der Ausbau erneuerbarer Energien sind eine dringend notwendige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der wir alle gemeinsam arbeiten müssen“, erklärt Dieter Feid. „Wir bieten daher allen Bürgern und Geschäftsleuten an: Kommen Sie auf uns zu und lassen Sie uns gemeinsam auch für Sie persönlich energieeffiziente Lösungen finden.“